Eine allgemein anerkannte Definition der Basalganglien gibt es nicht. Frⁿhe Anatomen verstanden darunter vornehmlich die subcorticale graue Substanz, den N. caudatus, das Putamen und die Amygdala (Reiner et al. 1984). Zwischenzeitlich, vor allem im medizinischen Bereich und im Zusammenhang mit den "Basalganglienerkrankungen" (Morbus Parkinson und Chorea Huntington), wurden die Basalganglien als ein rein motorisches System angesehen und die Zwischen- und Mittelhirnstrukturen, N. subthalamicus, Thalamus sowie die Substantia nigra in die Definition mit einbezogen. In letzter Zeit werden wieder vermehrt nicht-motorische Funktionen mit den Basalganglien in Verbindung gebracht: so feuern dopaminerge Neurone in Verbindung mit Motivation, Belohnung oder - nach Konditionierung - mit Belohnung assoziierten Reizen (Ljungberg 1982). In diesem Zusammenhang werden limbische Strukturen, wie die Amygdala und der Hippocampus, die bisher ohne Berⁿcksichtigung blieben und damit die Beschreibung der Basalganglien unvollstΣndig machten (Braak & Braak 1993), vermehrt in die Betrachtung mit einbezogen. Die Eingangsstruktur fⁿr diese limbische Information ist vornehmlich das ventrale Striatum (auch N. accumbens genannt) (Grybiel et al. 1984).
Die intensiven ForschungsaktivitΣten haben zu einem hypothetischen Schema der Verknⁿpfungen der Basalganglien gefⁿhrt. Es ist Grundlage unserer Hypothesenbildung und Planungen, und die ▄berprⁿfung der daraus gewonnenen Vorraussagen ist Gegenstand unserer und internationaler Forschung (Alexander et al. 1986).
Die Haupteingangsstruktur der Basalganglien ist das Striatum, das glutamaterge Projektionen aus dem Cortex empfΣngt. Ihr Terminationsmuster im Striatum ist Gegenstand jⁿngster Ver÷ffentlichungen (Hersch et al. 1995). GrundsΣtzlich weist der N. accumbens eine entsprechende Verschaltung auf.
Fⁿr die Interpretation unserer Ergebnisse die Annahme, da▀ Dopamin D2 Rezeptoren auf Spiny I Ausgangsneuronen lokalisiert sind, eine wichtige Vorraussetzung. Diese Hypothese wurde von elektrophysiologisch arbeitenden Gruppen nicht akzeptiert, da deren Daten nur interpretierbar waren, wenn D2 Rezeptoren prΣsynaptisch auf cortico-striatalen Terminalen lokalisiert sind. Jedoch konnten zwei neue umfangreiche und sorgfΣlltige Studien keine Hinweise auf solche D2 Rezeptoren finden (Hersch et al. 1995, Le Moine und Block 1995), so da▀ unsere bisherigen Annahmen bestΣtigt wurden. Die beiden Hauptschleifen der Basalganglien entspringen im Striatum, wobei die Ursprungsneurone der direkten Schleife D1 Rezeptoren tragen, wΣhrend die der indirekten Schleife D2 Rezeptoren tragen. Die Lokalisation der Dopamin Rezeptoren auf den beiden Ausgangswegen der Basalganglien wurde in den letzten Jahren stark diskutiert, da sowohl Befunde fⁿr eine Kolokalisation als auch fⁿr eine getrennte Lokalisation dieser Rezeptoren vorlagen. Neuere Untersuchungen zeigen aber eindeutig, da▀ die Rezeptoren auf zwei Populationen von Neuronen verteilt sind.
So exprimieren GABAerge Neurone die Substanz P fⁿhren D1 Rezeptoren, GABAerge Neurone die Encephalin fⁿhren jedoch D2 Rezeptoren.
Ursprungsgebiet und Projektionsgebiet der cortico-striatalen Neurone sind topographisch zugeordnet. Ob diese Trennung durch die Schleifen der Basalganglien erhalten bleibt und wie sich die vermittelten Funktionen auf die beiden Hauptschleifen verteilen, ist Gegenstand aktueller Diskussion. WΣhrend elektrophysiologische Studien auf weitgehend getrennte Verarbeitung durch die gesamten Schleifen hindurch hinweisen ("parallel processing"), weisen die neuroanatomischen Studien (Parent und Hazrati 1993) auf Konvergenzen, vor allem in den Ausgangsstrukturen Globus pallidus (GPi) und Substantia nigra (SNr), hin ("informational funnel") (Evarts et al. 1984). Wir unterscheiden zwei Wege: den direkten, vom Striatum ⁿber GPi/SNr zum Thalamus, und den indirekten, vom Striatum ⁿber GPe und GPi/SNr zum Thalamus. Der Informationsflu▀ durch diese Wege wird durch zwei Nebenschleifen beeinflu▀t: durch die Schleife Striatum-SNc-Striatum und durch die Schleife GPe-STN-GPi/SNr. Sowohl die dopaminergen Projektionen aus der SNc zum Striatum als auch die glutamatergen Projektionen aus dem STN zu GPi/SNr scheinen modulatorisch zu wirken, da sie sich vielfΣltig verzweigen und gro▀e Neuronenpopulationen einheitlich beeinflu▀en.
Die Rolle von Glutamat in den Basalganglien ist seit 1986 (Schmidt 1986) Schwerpunkt unserer Arbeiten. Die bekannten Verbindungen lassen bei einem Dopamin-Verlust, wie er bei der Parkinson-Krankheit auftritt, bestimmte TransmitteraktivitΣten voraussagen. Demnach ⁿberwiegt bei Dopaminverlust die Glutamat-AktivitΣt im Striatum an den Ursprungsneuronen der indirekten Schleife und in den Ausgangsstrukturen (GPi, SNr). Diese Voraussagen (Schmidt 1986, Schmidt und Bubser 1989) wurden vielfach sowohl im Tierexperiment als auch im postmortem Humangewebe bestΣtigt.
Die Konsequenz daraus, der Einsatz von Glutamat Antagonisten als potentielle Parkinson-Mittel (Schmidt 1989) wird international intensiv bearbeitet (Carlsson und Carlsson 1990). Der Titel eines jⁿngst erschienen Reviews nennt die Schwerpunkte: "Glutamat/Dopamine D1/D2 Balance in the Basal Ganglia and its relevance to Parkinson's Disease" (M.S. Starr 1995).